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Zweite JGW-QueerCademy 2022
(30. September – 03. Oktober 2022)

Workshops

Hatespeech – Hassrede erkennen, verstehen und bekämpfen

Gewalt gegen queere Menschen beschränkt sich nicht nur auf die physische Welt, besonders in sozialen Netzwerken häufen sich Hatespeech (Hassrede) und Beleidigungen. Um dagegen vorzugehen, können solche Beiträge mithilfe von mathematischen Modellen herausgefiltert werden. Da es sich jedoch um natürliche Sprache – eine, die wir Menschen jeden Tag sprechen – handelt, entstehen bei der Verarbeitung einige Herausforderungen.

So kann die Bedeutung vom Kontext abhängen und queere Personen zensiert werden, wenn sie Ausdrücke zum Empowerment benutzen, die in anderen Kontexten als Beleidigung genutzt werden. In dem Workshop werden wir uns dieser Problematik aus verschiedenen Perspektiven nähern. Wir thematisieren die Erkennungsalgorithmen und was sie (noch nicht) können, einige Lösungsstrategien und den persönlichen Umgang mit Hatespeech.

Ihr braucht kein Informatik- oder Mathewissen, um am Workshop teilzunehmen.

Gender (non-)binary in der biologischen Psychologie

Forschung über „Geschlechterunterschiede“ in der Psychologie kann helfen, Unterschiede zwischen Menschen sichtbar zu machen und besser zu verstehen. Dies ist ein Fortschritt gegenüber der Zeit, in der Studien fast nur zum Erleben und Verhalten von Männern durchgeführt wurden. Nun läuft die Forschung aber oft Gefahr, bestehende cis-heteronormative Stereotype zu reproduzieren. Das lässt Stereotype aussehen wie ein wissenschaftlich belegtes Naturgesetz über zwei biologische Geschlechter.

Die Berücksichtigung von queeren Fragestellungen schafft in der Psychologie ein Bewusstsein dafür, was Geschlecht überhaupt ist. Nämlich, dass Geschlecht zwar biologische, aber auch psychologische und soziologische Ebenen hat. Zuerst werden wir uns Grundlagen psychologischer Forschung anschauen, die zeigen, warum binäre cis-heteronormative Geschlechter kein Naturgesetz sind. Wir werden anschauen, wie viel von dem, was Menschen mit „Mann“ und „Frau“ verbinden, wissenschaftlich gar nicht belegt werden kann. Gemeinsam überlegen wir dann, wie man es besser machen kann.

Liebe, Lust und Legionäre: Gender und Sexualität im alten Rom

Die römische Antike wird nur selten mehr als beiläufig erwähnt, wenn es um „Queer History“ geht. Dabei sind die antiken Quellen voller Geschichten und Kommentare über gleichgeschlechtliche Liebe und Brüche der Geschlechternormen. Mit großem Erfolg erklärte Kaiser Hadrian seinen Geliebten Antinoos zum Gott, Dichter schrieben Liebesverse an ihre männlichen Verehrten, und der Satiriker Juvenal zog mit beißendem Spott über Mä nner her, die in geheimen Zeremonien andere Männer heirateten. Ist es möglich, die Aussagen dieser Quellen zu einem stimmigen Gesamtbild der römischen Sexualitäts- und Geschlechterkonzeption zusammenzufügen? Wie blickte die damalige Gesellschaft auf „queere“ Sexualität? Und wie entstehen eigentlich die Informationen, die in Geschichtsbüchern und Fernsehdokus als objektive Fakten präsentiert werden? In diesem Workshop haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, selbst „Geschichte zu schreiben“ und als Historiker*innen Antworten auf diese Fragen zu finden. Dazu schenken wir den (ins Deutsche übersetzten) Meinungen der Zeitgenossen selbst Gehör: den Stimmen liebeskranker, vulgärer und gehässiger Römer, deren politische Reden, gesellschaftliche Satiren und frivole Gedichte ganz nebenbei ein komplexes Bild der Normen ihrer Zeit zeichnen.

Act-ivsm: Die AIDS-Epidemie, Broadway und Aktivismus

Die AIDS Epidemie in den 1980er prägte eine ganze Generation queerer Menschen: Sie erkrankten selbst, sahen wie Menschen in ihrem Umfeld erkrankten und starben und doch fehlte – im Gegensatz zu etwa der Covid-19 – eine gesellschaftliche, mediale oder politische Reaktion. New York war eines der frühen Epizentren der AIDS Epidemie und die mit queeren Menschen gefüllte Theaterszene verarbeitete das Thema. In diesem Workshop werden wir gemeinsam Ausschnitte aus verschiedenen Broadway-Dramen lesen, die das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven behandeln: von aktivistischen Werken wie „The Normal Heart“ bis hin zu „Falsettos“, dessen zweiter Akt als Reaktion auf die Epidemie entstand. Was können wir heute aus den Stücken lernen? Wie ähneln und unterscheiden sich die Stücke? Wie ist der Umgang mit dem Thema AIDS? Und wie ändert sich dies im heutigen Kontext?

Erste JGW-QueerCademy 2021 (15.-17. Oktober 2021)

Workshop-Angebot Samstag (16.10.)

Queer Bodies in Contemporary Art
In diesem Workshop werden wir uns mit verschiedenen queeren Kunstschaffenden und ihren Werken auseinandersetzen: Paul Beatrice Preciado, Kerstin Honeit, Leyla Babirye und Abel Techer. In einer ausgewogenen Mischung aus Inputs, Diskussionen und Gruppenarbeiten beschäftigen wir uns damit weshalb die Repräsentation queerer Körper und Perspektiven (nicht nur in der Kunst) wichtig ist. Ausgehend von den vorgestellten Künstler*innen setzen wir uns auch mit unseren eigenen Vorstellungen von Ästhetik, Kunst und Queerness auseinander.

Born this way – Die Biologie der sexuellen Orientierung
Mit der beginnenden Entstigmatisierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigte auch die naturwissenschaftliche Gemeinschaft zunehmendes Interesse an der Erforschung möglicher biologischer Determinanten der sexuellen Orientierung. Getragen von der Hoffnung, die These der „persönlichen Präferenz“ endgültig widerlegen zu können, folgten rasch eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien zu Genen, Hormonen und Reifungsfaktoren. Doch die zunehmende Komplexität der sexuellen Orientierung, jenseits der binären Betrachtung von Homo- und Heterosexualität, stellt diesen jungen Forschungszweig zunehmend vor neue Herausforderungen.

Queer dekolonisieren
Wie prägen Kolonialismus und Orientalismus die Vorstellungen sowie Normen von Körper, Sexualität, Geschlecht und nationaler Identität? Anhand aktueller Beispiele wie #BlackLivesMatter, schwul-lesbischen Tourismussiegeln, diskriminierender Gesetzgebung in ehemaligen europäischen Kolonien, Homonationalismus, Pinkwashing, Rassismus auf Dating-Apps sowie Positionen aus den postcolonial studies werden wir in diesem Workshop erarbeiten wie queerer Aktivismus intersektionaler werden kann und wie unsere Gesellschaft zukünftig mit ihrem kolonialen Erbe aus queerer Perspektive umgehen könnte.

„Denn er hatte ihn lieb wie sein eigenes Herz“ – Queere Auseinandersetzungen mit der Bibel
Die Bibel gilt als feindlich gegenüber jeglichen nicht-heterosexuelle Lebensentwürfen. Und in der Tat: Es gibt Passagen, die in den Augen von queeren Menschen nur schwer zu ertragen sind. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Geschichten, die von innigen Beziehungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts berichten (David und Jonathan, Ruth und Naomi) oder die Gleichheit aller, also auch queerer Menschen, hervorheben. Wie ist es also möglich, queer zu sein und trotzdem die Bibel zu lesen und mit ihr in Einklang zu kommen? Der Workshop wird sich mit queeren Stimmen aus Juden- und Christentum auseinandersetzen, die sich genau dieser Frage widmen und eigene, individuelle Antworten gefunden haben. Gleichzeitig wird es viel Raum geben, um über eigene Erfahrungen und Konflikte mit Religiosität zu sprechen.

Workshop-Angebot Sonntag (17.10.)

Queer Bodies in Contemporary Art
In diesem Workshop werden wir uns mit verschiedenen queeren Kunstschaffenden und ihren Werken auseinandersetzen: Paul Beatrice Preciado, Kerstin Honeit, Leyla Babirye und Abel Techer. In einer ausgewogenen Mischung aus Inputs, Diskussionen und Gruppenarbeiten beschäftigen wir uns damit weshalb die Repräsentation queerer Körper und Perspektiven (nicht nur in der Kunst) wichtig ist. Ausgehend von den vorgestellten Künstler*innen setzen wir uns auch mit unseren eigenen Vorstellungen von Ästhetik, Kunst und Queerness auseinander.

Born this way – Die Biologie der sexuellen Orientierung
Mit der beginnenden Entstigmatisierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigte auch die naturwissenschaftliche Gemeinschaft zunehmendes Interesse an der Erforschung möglicher biologischer Determinanten der sexuellen Orientierung. Getragen von der Hoffnung, die These der „persönlichen Präferenz“ endgültig widerlegen zu können, folgten rasch eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien zu Genen, Hormonen und Reifungsfaktoren. Doch die zunehmende Komplexität der sexuellen Orientierung, jenseits der binären Betrachtung von Homo- und Heterosexualität, stellt diesen jungen Forschungszweig zunehmend vor neue Herausforderungen.

Eine nichtbinäre Weltreise
Während nicht-heteronormative Identitäten in westlichen Gesellschaften erst in den letzten Jahrzehnten vermehrt offen ausgelebt werden, gibt es in unterschiedlichen Kulturen diverse tradierte queere Identitäten, denen aktuelle eurozentrischen Begriffe nicht gerecht werden können. Wir betrachten in diesem Workshop unter anderem, warum britischer Kolonialismus für die stigmatisierende Darstellung von Hijras in Bollywoodfilmen verantwortlich ist und erforschen, wie sich die amerikanisch-indigenen Two-spirits gegen kulturelle Vereinnahmung auf TikTok wehren. Wir vergleichen die unterschiedlichen Konzepte kulturanthropologisch, hinterfragen aber auch unseren eigenen Blick kritisch um uns über eigene queere Identitätskonstruktionen im Kontext unserer europäischen Gesellschaft auszutauschen. Gibt es eine zukünftig eine neue interkulturelle gender revolution?

Das Gebet zum Coming-Out und zum Einrichten eines Tinder-Accounts – Wie Religion und queeres Leben zusammengebracht werden können
Mit der Emanzipation von queeren Menschen in den Religionsgemeinschaften kam die Frage auf, wie Traditionen und (alltägliche) religiöse Riten an die queere Lebensrealität angepasst werden können. Neben Zeremonien für gleichgeschlechtliche Eheschließungen oder genderneutrale Initiationsriten schufen sich queere Menschen auch eigene Gebete. So gibt es empowernde Gebete vor einem Coming-Out, bevor sich auf die Suche nach einer*m Partner*in gemacht wird oder für die teils herausfordernde Zeugung eines eigenes Kindes. Dies macht deutlich, dass Religion nicht starr ist, sondern wandelbar – und queer – sein kann. Der Workshop widmet sich diesen neuen, vielleicht manchmal unüblich wirkenden Zugängen queerer Religiosität.